Stadtoberhäupter

Durch das Gemeindeedikt vom 17. Mai 1818 wurde die bisherige Bevormundung der Kommunen durch die zentrale staatliche Macht weiter abgebaut. Auch die Stadt Aschaffenburg bekam Teile ihres Selbstverwaltungsrechtes zurück. Ein Bürgermeister, acht Magistratsräte und 24 Gemeindebevollmächtigte übernahmen nun die Leitung der städtischen Angelegenheiten, die seit 1815 ein Polizeikommissar, Joseph von Hoermann, inne hatte. Erstes Stadtoberhaupt wurde Christian Pfaff.

Christian Pfaff (1818-1824)

Geboren am 6. Januar 1770 in Antwerpen, gestorben am 2. Mai 1845 in Aschaffenburg

Der gelernte Handelsmann und Buchhalter des Aschaffenburger Pfandhauses wurde im September 1818 vom Magistrat im Einvernehmen mit den Gemeindebevollmächtigten zum ersten Stadtoberhaupt nach dem Ende der Dalberg-Ära gewählt. Die eigentliche Amtseinführung fand im Rahmen eines feierlichen Aktes aber erst am 5. Februar 1819 auf dem Stiftsplatz und anschließend im Rathaus statt. Unstimmigkeiten zwischen Magistrat und Gemeindekollegium zwangen den Bürgermeister, der mit großen Schwierigkeiten in seiner Amtszeit zu kämpfen hatte, im Sommer 1824 zum Rücktritt.

Gottlieb Leo (1821-1824 und 1831-1835)

Geboren am 14. November 1786 in Miltenberg, gestorben am 18. Februar 1837 in Aschaffenburg

Der Jurist in unterschiedlichen Funktionen am Kreis- und Stadtgericht Aschaffenburg leitete in zwei nicht zusammenhängenden Amtsperioden, zunächst von 1824 bis 1827, dann von 1831 bis 1835, als rechtskundiger Bürgermeister die Verwaltung der Stadt. Ein bleibendes Verdienst während seiner Amtszeit war die Durchsetzung des Krankenhaus-Neubaues in der Wermbach-/Lamprechtstraße. Nach zweijähriger Bauzeit und mit einem Kostenaufwand von 28 000 Gulden wurde das Krankenhaus 1826 in Betrieb genommen.

Franz Josef Feller (1827-1831)

Geboren am 6. April 1773 in Aschaffenburg, gestorben am 2. September 1834 in seiner Geburtsstadt

Franz Josef Feller wurde nach Ablauf der ersten Amtsperiode von Gottlieb Leo im Februar 1827 dessen Nachfolger. Der ehemalige Kaufmann und Stadtgerichtsschreiber zeigte während seiner nur dreijährigen Amtszeit bei einigen seiner Dienstausführungen keine glückliche Hand und hinterließ keine markanten Spuren.

Bernhard Emil Vogler (1864-1867)

Geboren am 24. März 1832 in Thalau bei Schondra/Rhön, gestorben am 9. Januar 1880 in München

Nachfolger des 1864 in den Ruhestand getretenen Bürgermeisters Adalbert von Herrlein wurde der Jurist Dr. Bernhard Emil Vogler, der bis zu diesem Zeitpunkt als Assessor beim Bezirksamt Marktheidenfeld tätig gewesen war. In seine dreijährige Amtszeit fiel der Deutsche Krieg von 1866, in dem er sich vor allem um die Versorgung der Kriegsgefangenen verdient gemacht hat. Seine Berufung in die „Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg“ erforderte 1867 die sofortige Niederlegung seines Amtes.

Adalbert von Herrlein (1835-1864)

Geboren am 20. Mai 1798 auf dem Gräfenhof bei Pfarrweisach, Kreis Ebern, gestorben am 4. Juni 1870 in Aschaffenburg

Nach seiner juristischen Ausbildung kam Adalbert von Herrlein 1829 nach Aschaffenburg und ließ sich hier als königlicher Advokat nieder. Im Frühjahr 1835 wurde er zum rechtskundigen Bürgermeister der Stadt Aschaffenburg gewählt. Während seiner Amtszeit, die knapp 30 Jahre dauerte, entwickelte sich aus der behaglichen und fast dörflich anmutenden Kleinstadt mit ihren rund 7000 Einwohnern eine Großgemeinde. Das Stadtbild veränderte sich stark: Anlegung der Ludwigsallee, Einführung der Gasbeleuchtung, Überwölbung des Löhergrabens, Errichtung der Landingstraße, Umwandlung von Weiden und Feldern in Bauland, Gründung des Knabenwaisenhauses und der Sparkasse. Während der Revolutionsunruhen von 1848 erwies sich das volksnahe Stadtoberhaupt als kluger und besonnener Politiker, so daß die Stadt auf dem Boden der konstitutionellen Monarchie mit volkstümlichen Institutionen blieb. Neben seinen Amts- und Repräsentationspflichten erforschte er die Lokalgeschichte, sammelte Sagen und schrieb einen Stadtführer.

Magnus Will (1867-1877)

Geboren am 3. Januar 1834 in Wiesen, gestorben am 17. Mai 1896 in Aschaffenburg

Bevor Magnus Will 1867 zum rechtskundigen Bürgermeister der Stadt Aschaffenburg gewählt wurde, arbeitete er am Bezirksgericht in Lohr am Main als Assessor. Der Beginn der Stadterweiterung, die Erbauung der Markthalle und des evangelischen Schulhauses sowie die Gründung der Höheren Weiblichen Bildungsanstalt fallen in seine Amtszeit. Das verdiente Stadtoberhaupt nahm 1877 die Möglichkeit wahr, sich als Rechtsanwalt niederzulassen.

Friedrich Ritter von Medicus (1877-1904)

Geboren am 11. November 1847 in Karlstadt am Main, gestorben am 30. März 1904 in Aschaffenburg

Als Mitarbeiter des königlichen Aschaffenburger Advokaten Carl Scherer wurde Friedrich Medicus, noch keine dreißig Jahre alt, im Mai 1877 zum rechtskundigen Bürgermeister der Stadt Aschaffenburg ernannt. Während seiner fast drei Jahrzehnte dauernden Amtszeit erlebte er, begünstigt durch den wirtschaftlichen Aufschwung dieser Epoche, eine glanzvolle Karriere. Durch gezielte Projekte förderte er nicht nur das Ansehen der Stadt, sondern brachte ihr auch steuerliche und somit finanzielle Vorteile. So wurde vor allem durch die Eingemeindung der Orte Leider und Damm breiter Raum für leistungsfähige industrielle Ansiedlungen geschaffen und mit der Fortführung der Mainkanalisierung Aschaffenburg als Binnenhafen verkehrspolitisch bedeutend. Das mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnete und beliebte Stadtoberhaupt bekam 1897 vom Prinzregenten Luitpold einen Orden verliehen, der mit der persönlichen Erhebung in den Adel verbunden war.

Wilhelm Matt (1904-1933)

Geboren am 16. Juli 1872 in Speyer, gestorben am 23. Januar 1936 in Aschaffenburg

Anfangs als „Königlicher Hofrat“ und später in der Weimarer Republik als „Geheimer Rat“ lenkte der promovierte Jurist mit patriarchischer Strenge, viel Autorität und wenig Beamten die Verwaltung der Stadt Aschaffenburg. Trotz Weltkrieg, Revolution, Wirtschaftskrise und Inflation gelang es Dr. Wilhelm Matt immer wieder, die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung der Stadt in kleinen Schritten zu fördern: Anschluß an die Großschiffahrt durch den Ausbau des Hafens, Errichtung des Elektrizitätswerkes in Leider, der Oberrealschule und Meisterschule für Bauhandwerk, die Erbauung der Herz-Jesu-Kirche, der Sankt-Josefs-Kirche in Damm und der Sankt-Laurentius-Kirche in Leider. Ferner wurden neue Industriebetriebe angesiedelt, Wohnungen gebaut oder saniert, die Straßenbeleuchtung erweitert, schulärztliche Pflichtuntersuchungen sowie die Kinderspeisung in den ärmeren Bevölkerungsgruppen eingeführt. Vom klaren und zielbewußten Handeln des überzeugten Katholiken zeugt auch sein Rücktrittsgesuch am 23. März 1933 nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten

Wilhelm Wohlgemuth (1933-1945)

Geboren am 18. Dezember 1900 in Pfaffenhofen/Ilm, gestorben am 6. April 1978 in Aschaffenburg

Der Finanzbeamte Wilhelm Wohlgemuth wurde 1933 Nachfolger von Dr. Wilhelm Matt, am 19. Mai offiziell zum Oberbürgermeister befördert, ferner zum Kreisleiter der NSDAP und Untersturmführer (später Obersturmbannführer) der SS ernannt. Als treuer Nationalsozialist setzte er die Vorgaben Hitlers um: Untersagung der freien Meinungsäußerung, Kampf gegen alle Systemfeinde mit Hilfe der SA und SS, Judenverfolgung. Städtebauliche Veränderungen wie die Besiedlung Nilkheims und die Gründung der Strietwald-Siedlung tragen seine Handschrift. „Ungünstige politische Verhältnisse“ führten 1944 zu seiner Ablösung als Stadtoberhaupt; die Leitung der Stadtverwaltung übernahm Rechtsrat Hugo Häusner. Wilhelm Wohlgemuth widmete sich nun nur noch der Partei. Nach der Kapitulation der „Festung Aschaffenburg“ wurde er im April 1945 verhaftet und 1948 zu vier Jahren „Sonderarbeit“ verurteilt.

Jean Stock (1945)

Geboren am 7. Juni 1893 in Gelnhausen, gestorben am 13. Januar 1965 in Aschaffenburg

Der Buchdrucker und Schriftsetzer, Arbeitersekretär, Geschäftsführer der „Aschaffenburger Volkszeitung“ und Druckereibesitzer wurde am 14. April 1945 von der US-Militärregierung als Oberbürgermeister eingesetzt. Dieses Amt bekleidete der Sozialdemokrat aber nur wenige Monate, denn am 1. Januar 1946 wurde er zum Regierungspräsidenten von Unterfranken berufen. Politisch tätig war er als Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates, der Provisorischen Bayerischen Nationalversammlung und des Bayerischen Landtages (1918-1924), des Stadtrates von Aschaffenburg (1920-1933), der Verfassungsgebenden Landesversammlung in Bayern (1946), des Länderrates (1947/48) und des Parlamentarischen Rates (1948/49). Zusammen mit der damaligen provisorischen Stadtverwaltung setzte er sich unermüdlich für die Beseitigung der katastrophalen Wohnungsnot und die Versorgung der rund 20 000 Bewohner der Stadt ein. Seine regionale politische Arbeit machte ihn über die Grenzen der Stadt bekannt.

Willi Reiland (1970-2000)

Geboren am 2. November 1933 in Oberaltstadt/Riesengebirge, gestorben am 14.11.2015 in Haibach

Am 8. März 1970 wurde der promovierte Jurist, der in vielen Ehrenämtern und Politgremien tätige Sozialdemokrat Dr. Willi Reiland, mit großer Mehrheit zum Nachfolger von Dr. Vinzenz Schwind gewählt. Der ehemalige Bürgermeister von Haibach, Kreis Aschaffenburg, führte einige Projekte seines Vorgängers weiter, so den Ausbau der Ringstraße, die Erweiterung der Grünanlagen, die Beibehaltung der Denkmalpflege und die Fertigstellung der City-Galerie. Mit vielen Entscheidungen hat Dr. Willi Reiland die Fortentwicklung der Stadt Aschaffenburg als „einer Industriestadt mit hohem Freizeitwert“ maßgeblich mit auf den Weg gebracht: Erschließung neuer Wohn- und Industriegebiete, Sanierung der Innenstadt sowie Schaffung sozialer Einrichtungen wie der Bau des Klinikums. Als Kulturreferent war es ihm ein besonderes Anliegen, die kulturellen Einrichtungen zu fördern: Volkshochschule, Schönborner Hof, Musikschule, Stadtbibliothek, Städtische Galerie Jesuitenkirche, Jugend- und Kulturzentrum, Schloß- und Stiftsmuseum und Stadthalle. Mit dem Bau der Unterfrankenhalle (heute f.a.n. frankenstolz arena) wurde von dem begeisterten Sportanhänger eine Anlage für Sport- und Kulturveranstaltungen geschaffen. Fragen des Umweltschutzes hatten ebenfalls eine hohe Priorität; die Verwirklichung eines integrierten Abfallwirtschaftskonzeptes und das Pilotprojekt einer Wasseraufbereitungsanlage sind Zeichen dafür. Oberbürgermeister Dr. Willi Reiland, der kurz nach Ende seiner Amtszeit im Mai 2000 zum Ehrenbürger der Stadt Aschaffenburg ernannt wurde, prägte 30 Jahre mit Tatkraft, Entschlossenheit und Durchsetzungskraft die Geschicke der Stadt.

Klaus Herzog (2000-2020)

Geboren am 29. März 1951 in Aschaffenburg-Obernau.

Nach Volksschule, Realschule und Abitur studierte er an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt Germanistik, Politische Wissenschaften, Katholische Religion und Arbeitslehre. Er trat 1980 in den Schuldienst ein und war 20 Jahre lang als Gymnasiallehrer an der Ludwig-Geissler-Schule für Elektrotechnik, Naturwissenschaften und Maschinenbau in Hanau tätig.
Klaus Herzog gehört seit 1978 dem Aschaffenburger Stadtrat an. Von Mai 2000 bis Mai 2020 war er Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.

Jürgen Herzing (seit 2020)

Geboren am 28. Oktober 1960 in Aschaffenburg.

Nach seiner Schulzeit und seiner Lehrzeit zum Kaminkehrermeister machte er eine Ausbildung zum Berufsfeuerwehrmann in Frankfurt. Er leitete eine Feuerwache, wurde Führungs- und Lagedienstleiter der integrierten Leitstelle der Berufsfeuerwehr Frankfurt und schließlich stellvertretender Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Herzing ist seit 1994 Mitglied der SPD und seit 2004 Stadtrat in Aschaffenburg. 2014 wurde er zum 3. Bürgermeister der Stadt Aschaffenburg gewählt und leitete das Referat für Umwelt, Energie, Brand- und Katastrophenschutz.
Seit Mai 2020 ist er Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg.

Jürgen Herzing hat zwei erwachsene Kinder und ein Enkelkind.