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Hexenverfolgung in Aschaffenburg

 Inschrift des Hexenmahnmals

Inschrift des Hexenmahnmals

Mahnmal zur Hexenverfolgung

An ein dun­k­les Ka­pi­tel der Aschaf­fen­bur­ger Ge­schich­te er­in­nert das Mahn­mal zur He­xen­ver­fol­gung, das im "Of­fe­nen Sc­hön­tal", Höhe Wei­ßen­bur­ger Stra­ße 34, zu besichtigen ist.

Orte des Schreckens

Etwa 326 Frauen und Männer aus der hiesigen Gegend, davon rund 142 aus Aschaffenburg und Damm, wurden zwischen 1592 und 1629 als angebliche „Hexen“ und „Zauberer“ – dem männlichen Gegenstück – verurteilt und hingerichtet. Nach einem öffentlichen Schauprozess in der Stadt wurden die Delinquenten auf dem Schönberg bei Damm („Galgenbuckel“) oder auf der anderen Mainseite mit dem Schwert enthauptet; danach erfolgte die Verbrennung der Leichname. Für die Anfangsphase der Prozesse sind auch Verbrennungen bei lebendigem Leib zu vermuten. Vor ihrer Hinrichtung waren die Angeschuldigten oftmals der Folter unterzogen worden, um ihr Geständnis zu erzwingen.

Auslöser der Verfolgungen

Auslöser dieser Verfolgungen war die auf Betreiben des Dominikaners Heinrich Institoris von Papst Innozenz VIII. 1484 herausgegebene sog. „Hexenbulle“. Darin werden Institoris und der Kölner Theologe Jacob Sprenger zu Generalinspektoren gegen „Ketzer, Zauberer und Teufelsbuhlen“ ernannt. Innozenz wurde damit zum Urheber der deutschen Hexenprozesse.

Die Verfahren

Ausgestattet mit dieser päpstlichen Vollmacht, verfasste Institoris das berüchtigte Werk „Der Hexenhammer.“ Darin wurden Verfahrensabläufe und Folterpraktiken definiert, mit denen „Geständnisse“ und Denunziationen erzwungen werden sollten. 1532 wurde diese Praxis in der „Constitutio Criminalis Carolina“ – dem allgemeinen Strafgesetzbuch Kaiser Karls V. – auf die weltliche Gerichtsbarkeit übertragen.

Die Opfer

Der Hexenglaube war damals tief in der Bevölkerung und der Geistlichkeit verwurzelt. Seuchen, Missernten, Tiersterben oder Dürren und in deren Gefolge existenzielle Bedrohungen wurde dem „Schadenzauber“ der „Hexen“ und „Zauberer“ zugeschrieben. So kam der Ruf nach Verfolgung häufig aus der Mitte der Bevölkerung.

Die Täter

Das Kurfürstentum Mainz, damals das bedeutendste geistliche Territorium des Reiches, spielte in der Hexenverfolgung eine wichtige Rolle. Kurfürst Johann Adam von Bicken (reg. 1601–1604) setzte die erste großangelegte Verfolgungsphase in Gang. Im Raum Aschaffenburg, Amorbach und Freigericht fielen ihr etwa 650 Menschen zum Opfer.

Unter seinem Nachfolger Johann Schweickhard von Kronberg (reg. 1604–1626) verloren über 360 Beschuldigte ihr Leben. Kinder waren zwar offenbar nicht darunter, aber es fällt auf, dass die Zahl der als „Zauberer“ verurteilten Männer von zehn auf über 30 Prozent anstieg.

Unter Friedrich von Greiffenklau (reg. 1626–1629) schließlich schnellte die Zahl der Opfer auf 768 empor. Der Aschaffenburger Stadtschultheiß Nikolaus von Reigersberg hat  etwa 45 Prozesse in seinem Amtsbereich geleitet und wurde zudem von einigen Gerichtsherren der Umgebung mit der Durchführung weiterer Verfahren beauftragt.

Finanzieller Hintergrund

Das Vermögen der wegen „Hexerei“ Verurteilten wurde nach Abzug der Verfahrenskosten oft ganz oder teilweise, je nach familiären Umständen, zugunsten des allgemeinen Staatshaushaltes eingezogen. Manches davon floss auch in Projekte wie den Bau des Aschaffenburger Schlosses ab 1605. Rein fiskalische Interessen können jedoch nicht als eigentliche Triebfeder der Prozesse angesehen werden.

Das Ende der Verfolgungen

Gerade die Besoldung der Richter in Form eines „Kopfgeldes“ für jede Verurteilung sorgte auch innerhalb der Kirche selbst für Zweifel an der Praxis der Hexenverfolgung – obwohl solche Zweifel die Gefahr mit sich brachten, selbst dafür angeklagt zu werden, mit den „Hexen“ oder „Zauberern“ im Bunde zu sein. Einer der wirkmächtigsten Gegner der Hexenverfolgung war der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld. Sein 1631 veröffentlichtes Buch „Cautio Criminalis“ führte zu einem Prozess des Umdenkens, so dass Kurfürst Johann Philipp von Schönberg (reg. 1647−1673) die Hexenprozesse schließlich verbot. Das Erzstift Mainz war damit das erste geistliche Fürstentum im Reich, in dem Hexenprozesse verboten wurden.

Die Entschuldigung

Im Jahre 2000 veröffentlichte die Dominikanerprovinz Teutonia, der auch der Verfasser des „Hexenhammers“ von 1486, Heinrich Institoris, angehört hatte, eine Entschuldigung, in der es u. a. heißt:

„Uns bleibt die Verpflichtung zur Erinnerung. Wir wissen, dass der Geist von Inquisition und Hexenverfolgung – Diskriminierung, Ausgrenzung und Vernichtung Andersdenkender − auch heute latent oder offen in Kirche und Gesellschaft, unter Christen und Nicht-Christen lebendig ist. Dem entgegenzutreten und sich für eine umfassende Respektierung der Rechte aller Menschen einzusetzen, ist unsere Verpflichtung, die wir Dominikaner den Opfern von Inquisition und Hexenverfolgung schulden.“

Literaturtipps

  • Horst Heinrich Gebhard: Hexenprozesse im Kurfürstentum Mainz des 17. Jahrhunderts, Aschaffenburg 1989 (Herausgeber: Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e. V.)
  • Heinrich Fußbahn: Die Hexenprozesse im Vizedomamt Aschaffenburg, in: Aschaffenburger Jahrbuch, Band 25 (2006).
  • Heinrich Fußbahn: Neue Quellen zu den Aschaffenburger Hexenprozessen, in: Aschaffenburger Jahrbuch, Band 33 (2019).